“Wir sind alle ein bisschen Hoeneß” schreibt Olaf Gersemann am gestrigen Tage in der “WELT” und hält ein flammendes Plädoyer für einen fairen Umgang in der Causa Hoeneß. Dabei werden mal wieder fröhlich Begriffe durcheinander geworfen, die juristisch erst einmal rein gar nichts miteinander zu tun haben.
So verweist der Autor darauf, dass “Steuervermeidung” sozusagen Volkssport Nummer 1 wäre und Hoeneß damit nur einer unter Millionen. Dass Herr Hoeneß aber, so man der derzeitigen Nachrichtenlage Glauben schenken kann, nicht legale Steuervermeidung, sondern eben illegale Steuerhinterziehung begangen hat, ach, was soll`s …

Weiter heißt es wörtlich: “Ist das Handeln des gelegentlichen Steuerhinterziehers – rein ethisch betrachtet – wirklich so viel verwerflicher als das des passionierten Steuertricksers?” Gute Frage! Rein ethisch betrachtet würde ich schon sagen, dass auch der Steuervermeider auf Biegen und Brechen, der nur danach trachtet, sich die Taschen zu füllen und dem Staat dringend benötigte Mittel für seine Aufgaben vorzuenthalten, nicht wirklich besser ist. Aber dieser Fall liegt hier nicht vor, denn Herr Hoeneß hat sich eben nicht damit begnügt, die bei findiger Anwendung durchaus reichlich vorhandenen Lücken zur Steuervermeidung zu nutzen, sondern sich klar erkennbar aus der Grauzone ins Illegale bewegt. Und das, lieber Herr Gersemann von der “WELT” führt eben dazu, dass neben rein ethischen Betrachtungen rechtliche Fragen ins Spiel kommen, die nicht ganz unberechtigt zu dem von Ihnen verorteten “Furor” führen.

Nun haben Sie ja in gewisser Weise sogar Recht, wenn Sie einen weniger aufgeregten Umgang in der Causa Hoeneß einfordern, aber das in diesem speziellen Falle ausgerechnet in der Springerpresse zu lesen, macht dennoch fast sprachlos! Ich wünschte, Sie würden einmal titeln “Wir sind alle ein bisschen Hartz” um für mehr Toleranz und Verständnis gegenüber Arbeitslosen, Kranken oder Alten zu werben. Doch die jagen Sie stattdessen gnadenlos als “faulster Arbeitsloser” betitelt durch die Lande, auch ohne jeglichen strafrechtlich relevanten Hintergrund – und das ist es, was mir dann angesichts der “Verständnisheischerei” für Herrn Hoeneß wirklich den Magen umdreht. Das ist glatt unmoralischer als Steuervermeidung!

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Liebe “Welt”, lieber Broder!

Um neben Eurer Überschrift auch noch gleich Eure Einleitung zu korrigieren: Die Idee, diese peinliche Hetze als “Meinungsartikel” ins Rennen zu schicken, ist an Schäbigkeit und Zynismus nicht zu übertreffen.
Nun mag man ja von der Partei DIE LINKE halten, was man will – auch die Nominierung von Frau Klarsfeld darf man, wie auch die von Herrn Gauck, sicherlich sehr unterschiedlich beurteilen. Aber was Ihr Euch da in Eurem billigen Hetzartikel leistet, ist nun wirklich jenseits aller “Geschmacksfragen” nur noch widerlich!

Die “Nazi-Jägerin” Beate Klarsfeld, welche Ihr in schäbigster Weise auf die “Kiesinger-Ohrfeige” reduziert, hat sich ein Leben lang unter teils hohem Risiko für ihre Freiheit und ihr Leben dafür eingesetzt, Naziverbrecher aufzuspüren und der Justiz zuzuführen. Ob Kurt Lischka, Alois Brunner oder Klaus Barbie – Beate Klarsfeld hat wesentlich dazu beigetragen, dass deutsche Kriegsverbrecher weltweit aufgespürt und wenigstens zum Teil einer Verurteilung für die widerlichsten Verbrechen gegen die Menschlichkeit zugeführt werden konnten. Dass Ihr all dieses in schon als boshaft zu bezeichnender Art unterschlagt und Klarsfelds Engagement versucht, der Lächerlichkeit preiszugeben, indem Ihr schreibt, “Nazi-Jäger” wäre in den 60er-Jahren ein richtiger Job gewesen, wie heute „Friedensaktivist“ oder „Umweltschützer”, bedarf wirklich keiner weiteren Kommentierung – die Armseligkeit erschließt sich Jedem, der abseits von blindem “Kommunistenhass” des eigenständigen Denkens noch fähig ist.

Auch abfällig von der “73-jährigen Dame” zu schwadronieren, hat angesichts des 72-jährigen Gegenkandidaten Gauck, dessen fortgeschrittenes Alter für Euch keineswegs ein Ausschlusskriterium darstellt, nicht einmal “humoristische Qualitäten” – so wenig wie der selten dämliche Hinweis, sie “träume wohl von einem Lebensabend in Bellevue”. Woher Ihr zudem die Weisheit bezieht, Klarsfeld “leide bis heute” unter der Verweigerung des Bundesverdienstkreuzes, wird wohl auch Euer redaktionell wohlgehütetes Geheimnis bleiben, was – unter uns gesagt – wohl auch besser so ist. Als “Ritter der Ehrenlegion” und “Offizier der Ehrenlegion” ausgezeichnet (was immer man von solchen Titeln halten mag), wird sie die Verweigerung des doch recht beliebig unter das Volk geworfenen “Ehrenkreuzes der Bundesrepublik Deutschland” wohl halbwegs verkraften – zumindest wohl deutlich besser, als Ihr die (eventuelle) Nominierung Klarsfelds als Kandidatin für die Wahl zur Bundespräsidentin.

 
 
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