Ruhe in Frieden, Rosemarie Fliess!
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Rund 100 Freunde, Nachbarn, Mitstreiter aus der Initiative “Zwangsräumung verhindern” nahmen heute um 11:00 Uhr auf dem Berliner Jerusalem-Friedhof am Mehringdamm Abschied von Rosemarie Fliess.
Rosemarie Fliess wurde 67 Jahre alt. Am 9 April 2013 wurde sie gegen den Widerstand mehrerer hundert Menschen mit einem Großaufgebot an Polizei aus ihrer Berliner Wohnung zwangsgeräumt.
Zwei Tage später, am 11. April 2013, verstarb sie in der Kleiderkammer einer Berliner Obdachloseninitiative, in welcher sie provisorischen Unterschlupf gefunden hatte.
Rosemarie war schwerbehindert. Ein ärztliches Attest bestätigte, dass ein Umzug (und erst recht eine Zwangsräumung) ihr in ihrem Zustand keinesfalls zumutbar sei. Interessiert hat das niemanden – weder die Vermieter, das zuständige Gericht, noch andere staatliche Stellen.
“Sie möge in den Dschungel gehen oder sterben”, soll Zeugen zufolge, die versuchten, die Zwangsräumung durch Vermittlung abzuwenden, der Vermieter gesagt haben. Glückwunsch, Rosemarie hat Euch diesen Gefallen getan – geht es Euch jetzt besser!? Seid Ihr zufrieden?
Möge Rosemarie nunmehr ihren Frieden finden! Die Hoffnung, dass alle die, die sich hinter Paragraphen verschanzten und geschehen ließen, was geschehen ist, daraus lernen, habe ich nicht.
Ich habe jedoch die leise Hoffnung, dass Nachbarn, Freunde, die Menschen dieser Stadt nicht vergessen, unter welch traurigen Umständen Rosemarie Fliess ihr Leben lassen musste und dass daraus nachbarschaftliche Solidarität und mehr menschliches Miteinander erwächst.
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt!
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Wir sind alle ein bisschen Hartz IV?
“Wir sind alle ein bisschen Hoeneß” schreibt Olaf Gersemann am gestrigen Tage in der “WELT” und hält ein flammendes Plädoyer für einen fairen Umgang in der Causa Hoeneß. Dabei werden mal wieder fröhlich Begriffe durcheinander geworfen, die juristisch erst einmal rein gar nichts miteinander zu tun haben.
So verweist der Autor darauf, dass “Steuervermeidung” sozusagen Volkssport Nummer 1 wäre und Hoeneß damit nur einer unter Millionen. Dass Herr Hoeneß aber, so man der derzeitigen Nachrichtenlage Glauben schenken kann, nicht legale Steuervermeidung, sondern eben illegale Steuerhinterziehung begangen hat, ach, was soll`s …
Weiter heißt es wörtlich: “Ist das Handeln des gelegentlichen Steuerhinterziehers – rein ethisch betrachtet – wirklich so viel verwerflicher als das des passionierten Steuertricksers?” Gute Frage! Rein ethisch betrachtet würde ich schon sagen, dass auch der Steuervermeider auf Biegen und Brechen, der nur danach trachtet, sich die Taschen zu füllen und dem Staat dringend benötigte Mittel für seine Aufgaben vorzuenthalten, nicht wirklich besser ist. Aber dieser Fall liegt hier nicht vor, denn Herr Hoeneß hat sich eben nicht damit begnügt, die bei findiger Anwendung durchaus reichlich vorhandenen Lücken zur Steuervermeidung zu nutzen, sondern sich klar erkennbar aus der Grauzone ins Illegale bewegt. Und das, lieber Herr Gersemann von der “WELT” führt eben dazu, dass neben rein ethischen Betrachtungen rechtliche Fragen ins Spiel kommen, die nicht ganz unberechtigt zu dem von Ihnen verorteten “Furor” führen.
Nun haben Sie ja in gewisser Weise sogar Recht, wenn Sie einen weniger aufgeregten Umgang in der Causa Hoeneß einfordern, aber das in diesem speziellen Falle ausgerechnet in der Springerpresse zu lesen, macht dennoch fast sprachlos! Ich wünschte, Sie würden einmal titeln “Wir sind alle ein bisschen Hartz” um für mehr Toleranz und Verständnis gegenüber Arbeitslosen, Kranken oder Alten zu werben. Doch die jagen Sie stattdessen gnadenlos als “faulster Arbeitsloser” betitelt durch die Lande, auch ohne jeglichen strafrechtlich relevanten Hintergrund – und das ist es, was mir dann angesichts der “Verständnisheischerei” für Herrn Hoeneß wirklich den Magen umdreht. Das ist glatt unmoralischer als Steuervermeidung!
SPD-Parteitag: Siggi Pop im Glück!
Weggeräumt: Das würdelose Sterben der Rosemarie F.!
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„Es gibt viele Arten zu töten. Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen, einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen, einen in eine schlechte Wohnung stecken, einen durch Arbeit zu Tode schinden, einen zum Suizid treiben, einen in den Krieg führen usw. Nur weniges davon ist in unserem Staat verboten.“ Bertold Brecht
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Rosemarie F. ist tot! Sie verstarb, wie soeben über die sozialen Medien zu erfahren ist, vor wenigen Stunden in Berlin. Die Nachrichtenlage ist bislang dünn, die stadtbekannten Medien wissen von nix – und Rosemarie F. ist tot!
Wer Rosemarie F. ist? Ich weiß es nicht! Ich habe von Rosemarie zum ersten Mal vor wenigen Wochen in verschiedenen Berliner Medien gelesen, es ging um eine 67-jährige schwerbehinderte Frau, deren Mietwohnug in Berlin zwangsgeräumt werden sollte. Nachdem zwei Räumungstermine zuvor mit rechtlichen Mitteln und aufgrund von Protesten der Initiative „Zwangsräumungen verhindern“ abgewehrt werden konnten, schritt am vergangenen Dienstag, dem 09. April, die Berliner Polizei mit einem Großaufgebot zur Tat, um die Zwangsräumung der 67-Jährigen Rosemarie gegen lautstarke Proteste durchzusetzen – im Polizeibericht wird es wohl heißen, „erfolgreich“.
Heute, am Donnerstag, ist Rosemarie verstorben – in der „Wärmestube“ einer Berliner Kältenothilfe-Initiative. Die Nachrichtenticker schweigen bislang – und ich habe im Moment auch keine Worte mehr!
Am heutigen Freitag, den 12.04.2013 um 18:00 Uhr soll es eine Kundgebung geben – genauere Infos dazu sollen später hier zu finden sein:
http://zwangsraeumungverhindern.blogsport.de/
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Der Springer-Verlag und seine “Hartz-IV-Märchen”
Sehr geehrte “WELT”!
Dass sich der Springer-Verlag seit Jahren darauf spezialisiert hat, mit Halbwahrheiten, völlig überzogenen Verdrehungen von Fakten und teils schlichten Erfindungen Stimmung gegen sogenannte “Hartz-IV-Empfänger” zu schüren, ist ja bekanntlich keine neue Erkenntnis. Was Ihr da allerdings im Artikel “Warum sich jemand bewusst für Hartz IV entscheidet” vom 08.04.2013 verlauten lasst, ist eigentlich an Unverschämtheit nicht mehr zu überbieten. Da reiht sich Satz für Satz und Beleg für Beleg ein Widerspruch an den anderen, der jedem mit der Thematik vertrauten Leser sofort die Zornesröte ob solch dreister Hetze ins Gesicht treibt.
Wieso ich zu der Annahme komme, dass in Eurer Redaktion ein begnadeter “Märchenonkel” Eure Artikel über angebliche Erwerbslose, die es sich in der “sozialen Hängematte” richtig bequem machen, frei aus der Phantasie zusammen reimt? Ich will es Euch gerne anhand einiger Beispiele erläutern, die dem nicht betroffenen Leser aus Unkenntnis wohl kaum auffallen, bei Betroffenen jedoch sofort die “Lügenglocke” schrillen lässt.
Nehmen wir beispielsweise einmal den angeblichen Auszug aus dem “Onlinebanking” der angeblichen Erwerbslosen Eures schönen Märchens:
Hier stimmt schlichtweg gar nichts! Der Buchungstag ist (von Pannen und Verzögerungen mal abgesehen) stets der letzte Tag des Vormonats, da das Gesetz besagt, dass die Regelleistung dem Empfänger am ersten Tag des Monats zur Verfügung zu stehen hat. Liegt beispielsweise ein Monatserster auf einem Montag, erfolgt die Gutschrift in der Regel bereits am vorausgehenden Freitag.
Auch der Regelsatzbetrag in Eurem Pamphlet entspricht nicht dem aktuellen Regelsatz von 382 Euro, dürfte also kaum vom 01.03.2013 sein.
Weiter geht es bei der angeblich getrennten Ausweisung von Regelsatz und Miete: auch dieses ist im Onlinebanking bei keiner mir bekannten Bank der Fall, da lediglich der Gesamtbetrag aus Regelsatz und KdU (Kosten der Unterkunft = Miete plus Heizkosten) ausgewiesen wird.
Der in Eurem angeblichen Onlinebanking-Auszug angegebene Auftraggeber “Jobcenter Friedrichshain” ist ebenfalls nicht schlüssig. Ich beziehe meine Leistung von eben diesem Jobcenter und Auftraggeber der Überweisung ist ausnahmslos die “Bundesagentur für Arbeit”, da alle Überweisungen der Jobcenter zentral über Nürnberg angewiesen werden.
Auch der angegebene “Verwendungszweck” wird wohl eher Ihrer ungezügelten Phantasie entspringen, da es bereits seit mehreren Jahren gesetzliche Regel ist, dass bei Überweisungen aus Datenschutzgründen lediglich eine Kennziffer aus der sogenannten “BG-Nummer” nebst eines Identifizierungs-Zahlencodes übermittelt wird (siehe Screenshot der Detailansicht meines Onlinebanking-Auszuges)
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Liebe WELT, bei so viel “gequirltem Mist” gleich zu Beginn des Artikels braucht man sich natürlich nicht mehr viele Gedanken um den Informations- oder gar Wahrheitsgehalt des restlichen Artikels machen – kritische Leserinnen und Leser machen das bei Springer-Produkten wohl ohnehin nicht mehr. Dass aber unbedarfte und mit der Thematik nicht vertraute Leser Eures Blattes derart plump und dreist hinters Licht geführt werden und wieder einmal ganz bewusst schlechte Stimmung gegen von Erwerbslosigkeit Betroffene gemacht wird, ist ein sich wiederholendes Armutszeugnis für die Menschen in Eurer Redaktion, die sich allen Ernstes immer noch “Journalisten” nennen. Mit welcher Berechtigung bitte, Ihr Schmierfinken?