Es ist immer wieder erstaunlich: ausgerechnet die, die uns rund um die Uhr von der Freiheit des Marktes predigen, die uns ohne Unterlass erklären, Angebot und Nachfrage würden schon alles regeln, schreien immer wieder nach staatlicher Regulierung, wenn es um ihre eigenen Pfründe geht. So auch jetzt einmal wieder BVMW-Präsident Mario Ohoven uns sein Kollege und INSM-Lautsprecher vom Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln) Holger Schäfer.

“Viele junge Erwachsene kassieren lieber staatliche Stütze, als arbeiten zu gehen. Deshalb dürfen die Hartz-IV-Sätze nicht höher sein als der Anfangslohn für einen Azubi.” fordert Mario Ohoven, sein werter Kollege tönt, zur Not müsse jeder jugendliche Antragsteller sofort in einen Ein-Euro-Job vermittelt werden, denn die Erfahrung zeige, dass dies dazu führe, dass viele Jugendliche ihren Antrag auf “Stütze” dann zurück ziehen.

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Liebe “Experten”: Wie war das denn noch gleich mit dem “keine Ahnung haben” und lieber mal “die Schnauze halten”? Es steht Euch doch frei, Eure Ausbildungsplätze attraktiver zu machen, als Hartz IV es angeblich ist. Denn seltsamer Weise haben Unternehmen, die attraktive und fair entlohnte Ausbildungsplätze anbieten, selten Probleme, diese zu besetzen, sondern ersticken in der Regel fast in Bewerbungen. Auszubildende sind keine billigen Hilfskräfte, sondern Euer Kapital von morgen – also ist es auch an Euch, für adäquate und fair entlohnte Ausbildung zu sorgen. Davon ab solltet Ihr vielleicht einmal Eure Ansprüche etwas herunter schrauben, denn wenn ich in der Zeitung lese, dass heutzutage für einen “KFZ-Mechatroniker” oftmals Abitur gefordert wird, frage ich mich ernsthaft, wo denn noch Euer Teil der Ausbildung liegt. Davon ab ist die Forderung nach einer Senkung von “Hartz IV” auch aus anderem Grunde nichts als billiger Populismus, denn wenn man sich die durchschnittlichen Ausbildungsvergütungen im ersten Ausbildungsjahr mal so anschaut, gibt es heute eigentlich keine Auszubildenden mehr, die im ersten Jahr weniger als den Regelsatz von 374 Euro monatlich in der Lohntüte haben.

Und auch das dümmliche Gesäusel vom “Zurichten mittels Ein-Euro-Job” dokumentiert vortrefflich den billigen Populismus und die grauenhafte Ahnungslosigkeit dieser selbst ernannten “Mittelstands-Experten”, denn keine Gruppe innerhalb der Erwerbslosen ist einem höheren Druck durch die Arbeitsverwaltung ausgesetzt als die der sogenannten “U25″ – also der Erwerbslosen, die jünger als 25 Jahre sind. “Arbeitsverweigerung” wird in dieser Gruppe schon seit Jahren mit der sofortigen 100-prozentigen Streichung der Leistungen sanktioniert, so dass diese Jugendlichen de facto schon jetzt überhaupt keine Wahl haben, sich für oder gegen eine angebotene Ausbildungsstelle zu entscheiden. Und die von euch tollen “Experten” festgestellte hohe Sanktionsquote gerade in dieser Gruppe der Erwerbslosen belegt ja wohl recht eindrucksvoll, dass die JobCenter in der Regel auch keine Sekunde zögern,  vermeintlichen “Arbeitsverweigerern” die Unterstützung gnadenlos zu versagen.
Aber egal! Hauptsache, mal wieder sinnfrei und populistisch ins bereit gehaltene Diktiergerät der BILD gebissen und den eigenen Namen als Interessenvertreter der mittelständischen Wirtschaft ins Gespräch gebracht. Das Schrottblatt will schließlich täglich gefüllt werden, und was eignet sich da besser als Schrott!?

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Nachtrag: Ich möchte unseren Leser_innen auch folgenden Kommentar zur Lektüre ans Herz legen

Der Hartz-IV-Strafvollzug: Die Verschärfung der Sozialhaft heißt Sanktion von Uli Gellermann

11 Kommentare bis “Weniger “Hartz IV” soll Jugendliche zur Arbeit zwingen”

  1. Hoyer, Eric sagt:

    Sozialverantwortlich, Homepage von eric Hoyer

    Ausbildungsstellenanrecht für alle Jugendlichen nach der Schule einführen.

    Letzte Meldungen 73. Millionen Jugendliche -weltweit – haben keine Ausbildungsstelle oder Arbeit!

    Gibt man Jugendlichen keine Ausbildungsstelle ist dies genau wie Vernachlässigung und Missbrauch seiner Jugend.

    Missbrauch und schwerste Vernachlässigung seiner Jugend ist, wenn der Staat seinen Jugendlichen keinen Ausbildungsplatz bietet, denn dann verkommen viele davon und werden in ihrer Persönlichkeit schwerstens geschädigt und sie erhalten viele weitere Schädigungen und Benachteiligungen. Lesen Sie hier unten nach welche.

    Würden die Jugendlichen im Vergleich nicht zur Schule gehen und so rumhängen würde die Polizei und Behörden innerhalb einer Woche aktiv. Also Konsequenzen für den Jugendlichen und die Eltern, was hat aber die Regierung zu erwarten, wenn sie solche erhebliche Schädigungen den Jugendlichen antut?

    Diese Situation um die Jugendlichen stellt einen Kriseninterventionszustand dar, wer dies leugnet hat keine klare Sicht mehr. 73.Millionen Jugendliche -weltweit – haben keine Ausbildungsstelle oder Arbeit! Teileweise sind über 50 % im modernen Europa unsere Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz, wissen weder ein noch aus. Ich warne vor dieser Entwicklung!

    http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/arbeitslosigkeit-in-europa-ploetzlich-gibt-es-einen-knall-1.1655394

    Jugendliche werden von der Politik vergessen!

    Sozialverantwortlich sollte man Jugendlichen ein Ausbildungsstellenanrecht gewähren?

    http://de.statista.com/statistik/daten/studie/36739/umfrage/jugendarbeitslosigkeit-nach-bundeslaendern/

    Schule endet in einen Beruf und ist Teil der Grundausrüstung für das Leben genau wie Schule.

    Schule ohne Leitung in die Zukunft, was soll daraus werden?

    Lehrplan ohne Zukunft!

    Fit für ein Leben nach der Schule, Fehlanzeige. Nach der Schule endet die Grundausstattung und die persönliche Freiheit für viele Jugendliche.
    Wegweise in die Berufswelt mit reichlich Sackgassen!

    Modellvorhaben, und Vorschlag für ein Ausbildungsstellenanrecht für Jugendliche, für min. 3 Jahre nach der Schule.

    Mit freundlichem Gruß
    Eric Hoyer

    Antworten
  2. Juliane sagt:

    Hallo Kopperschläger,

    kannst Du diesen Aufruf publik machen?:
    http://www.wirtschaftundgesellschaft.de/?p=3077

    Herzliche Grüße
    Juliane

    Antworten
    • Eric Hoyer sagt:

      Hoyer, Eric sagt: der Wunsch wurde erfüllt! Jeder darf meine Artikel unter meinen Namen Eric Hoyer, in org. Fassung weitergeben. auch aus meiner Homepage.

      14. Mai 2013 um 13:12

      Sozialverantwortlich, Homepage von eric Hoyer

      Ausbildungsstellenanrecht für alle Jugendlichen nach der Schule einführen.

      Letzte Meldungen 73. Millionen Jugendliche -weltweit – haben keine Ausbildungsstelle oder Arbeit!

      Gibt man Jugendlichen keine Ausbildungsstelle ist dies genau wie Vernachlässigung und Missbrauch seiner Jugend.

      Missbrauch und schwerste Vernachlässigung seiner Jugend ist, wenn der Staat seinen Jugendlichen keinen Ausbildungsplatz bietet, denn dann verkommen viele davon und werden in ihrer Persönlichkeit schwerstens geschädigt und sie erhalten viele weitere Schädigungen und Benachteiligungen. Lesen Sie hier unten nach welche.

      Würden die Jugendlichen im Vergleich nicht zur Schule gehen und so rumhängen würde die Polizei und Behörden innerhalb einer Woche aktiv. Also Konsequenzen für den Jugendlichen und die Eltern, was hat aber die Regierung zu erwarten, wenn sie solche erhebliche Schädigungen den Jugendlichen antut?

      Diese Situation um die Jugendlichen stellt einen Kriseninterventionszustand dar, wer dies leugnet hat keine klare Sicht mehr. 73.Millionen Jugendliche -weltweit – haben keine Ausbildungsstelle oder Arbeit! Teileweise sind über 50 % im modernen Europa unsere Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz, wissen weder ein noch aus. Ich warne vor dieser Entwicklung!

      http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/arbeitslosigkeit-in-europa-ploetzlich-gibt-es-einen-knall-1.1655394

      Jugendliche werden von der Politik vergessen!

      Sozialverantwortlich sollte man Jugendlichen ein Ausbildungsstellenanrecht gewähren?

      http://de.statista.com/statistik/daten/studie/36739/umfrage/jugendarbeitslosigkeit-nach-bundeslaendern/

      Schule endet in einen Beruf und ist Teil der Grundausrüstung für das Leben genau wie Schule.

      Schule ohne Leitung in die Zukunft, was soll daraus werden?

      Lehrplan ohne Zukunft!

      Fit für ein Leben nach der Schule, Fehlanzeige. Nach der Schule endet die Grundausstattung und die persönliche Freiheit für viele Jugendliche.
      Wegweise in die Berufswelt mit reichlich Sackgassen!

      Modellvorhaben, und Vorschlag für ein Ausbildungsstellenanrecht für Jugendliche, für min. 3 Jahre nach der Schule.

      Mit freundlichem Gruß
      Eric Hoyer

      Antworten
  3. Weniger “Hartz IV” soll Jugendliche zur Arbeit zwingen | WIR Der ZeitBote Saarland – Das Sozial-Magazin sagt:

    [...] Quelle: Gefunden auf https://kopperschlaeger.net [...]

    Antworten
    • Annelie Steinke sagt:

      Sogenannte Wirtschafts- und Arbeitsmarktexperten, wie geistige Kollegen des hier so schön “zitierten” Holger Schäfer, DR. Hilmar Schneider vom IZA (“Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit”), werfen sich das Deckmäntelchen der gesellschaftlichen Solidarität und sozialen Gerechtigkeit über, wenn sie über Themen wie Arbeitslosigkeit, faire Bezahlung und Chancengleichheit sprechen. Sie sind jedoch nur einem verpflichtet: dem Unternehmertum und seinen Interessen. Dahingehend ist Ihre Argumentationsweise dann auch auszulegen: stets wird nur in eine Richtung gedacht, wenn es z.B. heißt: “Keine Leistung ohne Gegenleistung” (Quelle: http://www.insm.de/insm/Publikationen/Dossiers/Arbeit/INSM-Dossier-Hartz-IV/Arbeitsmarkt-Standpunkt-Hilmar-Schneider-IZA.html). Dem geneigten Leser wird klar, es geht um Sozialhilfe, die sich ein Arbeitsloser natürlich “verdienen” muss, und um Niedriglöhne, die niedrig sind, weil unqualifizierte Abeit eben auch kein dickes Gehalt verdient (und bei derartigen Aussagen geht es dem Zitierer ausschließlich um die “Wertschätzung des Menschen”). Ich sehe jedoch keine Anwendung dieses Prinzips in entgegengesetzter Richtung, also bei der angemessenen Entlohnung von Arbeit. Nach dieser Logik müssten die Pfeiler unserer Gesellschaft, die tatsächlich etwas leisten, wie Bedienstete im Sozialen Bereich, angemessen entlohnt werden, Aufsichtsräte und Manager der globalen Kapitalsammelbecken hingegen bei angenommener “leistungsgerechter” Entlohnung mit einem Minus auf dem Lohnzettel nach Hause gehen. Weiterhin malt Herr Dr. SChneider das Bild einer Gesellschaft, die großzügigerweise Menschen mit geringem Potenzial und Qualifikation am Arbeitsleben in Form von Niedriglohnarbeit teilzuhaben erlaubt (ja, die Putzfrau darf netterweise putzen gehen, denn für eine “richtige” Arbeit reichen ihre Fähigkeiten nicht), läßt dabei unerwähnt, dass Menschen nicht einseitig unqualifizierte Arbeitsplätze brauchen, sondern dass genau damit Unternehmen ihr Geld verdienen bzw. ohne die ein Unternehmen – und auch unsere Gesellschaft- nicht existieren könnten. Aber so herum lassen sich Bürger ja schlechter gegeneinander aufhetzen und die weitestgehend gewinnorientierten Interessen der Unternehmen und Konzerne nicht in der Masse legitim durchsetzen.
      Ich danke für deinen Artikel, der dem dummen Geschwätz und der sozialen Volksverhetzung etwas entgegensetzt! Weiter so.

      Antworten
      • Hoyer, Eric sagt:

        Hallo alle lieben Leute hier,
        auf meiner Homepage Sozialverantwortlich Eric Hoyer sage ich was Sache ist

        - Hartz IV ist das Pech der keinen Leute – es klebt eben echt an diesen.

        siehe auch meinen Beitrag oben.
        einen freundlichen Gruß
        Eric Hoyer

        Antworten
  4. nina berger sagt:

    Die Frage nach der Gerechtigkeit des Lohns ist müßig und führt in die falsche Richtung. Einkommen in seinen spezifischen Formen gibt es für und aus Grundbesitz, Kapitalbesitz, Managertum im Dienste der Kapitals, Dienertum für den Staats oder für den pure Verkauf der Ware Arbeitskraft. Also unterscheidbare Funktionen, die unterscheidlich bemessen sind. Alle anderen Unterscheidungen über den “Wert der Arbeit”, “Verantwortung”, “Ausbildungsdauer” etc. sind irreführend. So wird schnell deutlich: die Anforderungen der Industrie nebst ihrer Lobbyisten für Zwangsmaßnahmen gegen die Jugend sind in ihrem Sinne gar nicht falsch. Der Druck gerade auf die, die sich noch an den Verwertungsszwang gewöhnen sollen, denen die Schule nicht die notwendigen Unterwerfungsrituale erfolgreich eingebleut hat, müssen notfalls auch per Zwang eingepresst werden. Gerade in den Nierdriglohnbereich, in prekäre Arbeit. Eine Absenkung der Lohnkosten erhöht den Profit. Diese einfachen Gleichung wollen nur die nicht aufmachen, die dem kapitalistischen Wirtschaftssystem neben seiner Gewinnmaximierung noch andere Absichten andichten. Warum auch immer und wozu sie das brauchen, um die einfachsten Tatsachen nicht zur Kenntnis zu nehmen. So wird der moralische Appell schnell zur Unterstützung der Verschleierungs- und Mystifizierungsideologie der herrschenden Klasse.

    Antworten
    • Wolfgang Gosejacob sagt:

      ich wollte mal “doof” nachfragen, was Du unter “noch andere Absichten andichten” im speziellen meinst.

      Antworten
  5. Wolfgang Gosejacob sagt:

    Hallo,

    für alle genannten Berufe gilt:
    Eine Gesellschaft die Putzfrauen, Glas- und Gebäudereiniger, Friseure, Sicherheitskräfte, Landwirte, Krankenschwestern, Kindergärtner, u.v.a. Berufsgruppen benötigt, sollte auch diesen Berufsgruppen ermöglichen ein menschenwürdiges Leben zu leben und sogar eine angemessene Rente zu bekommen. Die Vorhaltungen vom weltweitem Druck auf diesen Teil des Arbeitsmarktes sind irreal.

    Die niedrigen Löhne bei Schlecker und die sprunghaft steigende Zahl der 400 Euro-Jobs haben auch nicht zur nachhaltigen Prosperität geführt, weder bei den Beschäftigten noch beim Inhaber.

    Wieso sind von der Globalisierung eigentlich nur die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter betroffen / bedroht, die hierzulande nötig sind? Die wirklich auswechselbaren Positionen wie Management / Verwaltung lassen sich von außerhalb per Telefonkonferenz, Anweisung und Dienstreise bewältigen und genießen dennoch derzeit steigende Gehälter und gefestigte Postionen mit angenehmen Arbeitsbedingungen.

    Die fast seit 25 Jahren anhaltende BWL-getriebene Geiz-ist-Geil-Mentalität und das aufgehobene Rabattgesetz, führen zu einer steigenden Geringschätzung von (gewissen oder allen?) Dienstleitungen und Waren, weil nichts beständig ist. Preise hochsetzen, dann werbewirksam hohe Rabatte geben und durch undurchsichtige Tarifmodelle das Wirrwarr beim Kunden zu verstärken.
    Im Ausgleich dazu wollen tausende junger Menschen jedes Jahr bei: Deutschland sucht den Supermann, -tänzer, -entertainer, -sänger, -star, das Supermodel, den Super-was-auch-immer vor die Kamera, haben auch die Haare schön und exponieren mehr Peinlichkeiten vor aller Welt und jeder Kamera, die besser unter der Dusche geblieben wären.

    Rechteverwerter, TV-Sender-Betreiber, Journalisten der Klatschpresse, ganze Verlagsabteilungen und Moderatoren sowie Paparazzi reiben sich die Hände vor lauter medienaffinem Nachwuchs.
    Dazu kommen Brot und Spiele in den nach großen Versichungen, Energieversorger und Telekommunikationskonzernen benannten Arenen der Balltreter. Der große, alternde, schweizer Fifa Prinz, der weltweit seine Schäfchen finaziert, damit sie ihn wieder und wieder wählen. Ganz demokratisch selbstverständlich.
    Schlußendlich die ganzen Glücksspielhallen, die Land auf Land ab die Straßen mit Filialen zupflastern und rund um die Uhr den schnellen Gewinn versprechen. In die gleiche Kerbe schlagen die Rätselsendungen wo man nicht mehr 5 Mark ins blasrosa Schweinchen steckt, sondern Millionen gewinnen kann. Welch eine Inflationsrate !

    Und alle wollen nur zwei Sachen(?): Berühmt und reich sein –
    Die Mädchen: Prinzessin oder Barby sein, Grace Kelly folgen und den Prinzen xy heiraten?
    Die Jungs: Kaiser Franz der 2., B.B. oder Loddar werden, in gebrochenem Englisch ins Mikrofon plaudern, jährlich eine neue Freundin angraben, zur Selbstdarstellung vor die Kamera zerren und nach dem öffentlichen Eklat dann zur Beruhigung in einem TV-Format absetzen, damit der rechte Platz wieder für die nächste Anwärterin frei wird. Die Freunde der Alliteration fensterln derweil medienwirksam in Besenkammern.

    Heutzutage natürlich alles nicht 1 zu 1 abgekupfert, sondern jeder in einer eigenartigen unnachahmlichen Form … aber dem Prinzip nach ist alles das Gleiche. Und damit diese geistigen Verwirrungen einer ganzen Gesellschaft und ihrer Leitfiguren richtig funktionieren, müssen die erstgenannten Berufe auf eine angemessene Gratifikation verzichten? Es sieht jedenfalls so aus.

    Ja natürlich: Haare schneiden ist nicht so glamourös, wie vor der Kamera ein Mikrofon festzuhalten, schön zu lächeln und die Telefonnumer anzusagen, wo der nächste Hautgewinn bei abzholen ist. Aber ist der Beruf damit unwichtiger? So unwichtig, dass eine Vollzeitkraft auch noch aufstocken darf? Wie ehrenvoll ! Und wer legt das fest? Der medial verwöhnte Kunde, der von einem zum nächsten Sonderangebot hetzt??!?!
    Auch das sieht so aus.

    Ich möchte auch einen roten Flitzer für 1.001 Euro haben, eine grüne Plakette für die Stadtzentren, lebenslang günstige KFZ-Steuern für meinen Benzinfresser.
    Ganz nebenbei könnte ich mir bei dem Preis auch die steigenden Benzinpreise zukünftig leisten.

    Wenn ich die Werbetrommel rühren würde, würde ich auch eine gewisse Marktmacht erreichen und durch meine gottgewollte Macht in Maranello die Lohnkosten soweit zu drücken, dass diese Preissenkung logisch, zwangsläufig richtig und zur Erhaltung der kohlenstoffverbrauchenden Automobilindustire und der kaufwilligen Kunden systemrelevant ist. Immerhin würden damit die Arbeitsplätze der Firma mit dem schwarzen Pferd gesichert, wenn nicht sogar deren Anzahl erhöht.

    Zugegeben:
    Das Niveau wäre nicht mehr so hoch… Aber wir müssen alle Opfer bringen.
    Schlußendlich muss das eingesparte Geld durch teure Sicherheitskräfte sogar rund um die Uhr bewacht werden, eventuell sogar ein Tresor gekauft und Sicherheitsgitter vor den Fenstern montiert werden. Aufgrund der Vielzahl von zu treffenden Maßnahmen und zugunsten der hochwertigen Ausstattungsmerkmale können selbstverständlich nur noch begrenzte Mittel für das Personal aufgewendet werden. Erfolgsabhängige Werkverträge und / oder Subunternehmen haben sich ja auch in anderen Branchen bewährt.

    Wenn alles Geld durch das teure heimische Personal und die Maßnahmen aufgebraucht wäre, dann wäre die Notwendigkeit der Maßnahmen ja auch nicht mehr vorhanden. Damit ergibt sich sogar eine zwingende Notwendigkeit die Bau- und Bewachungsmaßnahmen möglichst günstig auszuführen, damit anschließend auch noch Geld zum Bewachen da ist.

    Komisch nur, dass das diese Idee der Preisregulierung durch Kundenwunsch bei dem roten Flitzer nicht funktioniert, aber bei den wichtigen Berufen einer Gesellschaft klappt das schon ganz gut.

    Um zum urspünlichen Thema zurückzukommen:
    Wer legt also eigentlich fest, dass der Ertrag dieser Mitarbeiter so gering ist, wie es der Lohn oder das Gehalt ausdrückt? Die Stromrechnung eines Frisörs wird auch nicht nach der Zahlungswilligkeit der Kunden berechnet. Der ist Fix – meistens – außer er geht nach oben.

    Sämtlichen genannten Berufe sind auf den zweiten Blick und komischer Weise der Globalisierung weniger unterworfen als der oben genannte Systeminformatiker. Der ließe sich weltweit er- bzw. einsetzen. Computer benötigen nur Strom und NULL und EINS. Das kann eben auch: “der Chinese”.

    Meine Glasscheibe werde ich aber wohl kaum nach China zum Reinigen schicken und meine Haare auch nicht nur einmal im Jahr im Urlaub in Bangladesh schneiden lassen, weil der Frisör dort günstiger ist. Die Regale in den Läden räumt auch kein globalisierender Wanderarbeiter ein.

    Die Manager unterliegen schon eher der Globalisierung. Das allerdings in einer sehr eigentümlichen Weise. Da gehen die Gratifikationen schon seit Jahren exponentiell nach oben. Auch die Anzahl der Aufsichtsratsplätze, die ein einzelner Manager belegen kann ist genauso erstaunlich, wie die Verquickung zwischen Politik, Wirtschaftsführung, Rechts- und Rechteberatung. Müssten die weltweiten Unternehmen nicht hier Schlange stehen oder Manager abwerben, weil die Manager hier – im Weltdurchschnitt – so günstig bezahlt werden?
    Komisch: Diese Arbeitsplätze wandern nicht ab.

    Auch hier scheint zu gelten: Schau Dir zuerst an, wer der Nutznießer einer Regelung und einer besonders laut und volksleidend vorgetragenen Forderung ist.

    Ob der (aus Notwendigkeit?) “sparsame Kunde” mit teilseise doch sehr farbverfälschten Grundeinstellungen immer das Maß aller Dinge bei der Preisfindung sein kann, müsste ja mal in Frage gestellt werden. Manch ein gefühlsbetonter Aufruf zu einer Lynchaktion spricht hier eine deutliche Sprache von realitätsferne und ich-Bezogenheit des “gemeinen Bürgers”.

    Der unaufhaltsame, notwendige Kreislauf von weniger Geld/Einkommen führt zu einem duldsameren Volk mit duldsameren Beschäftigen muss durchbrochen werden. Der Souverän muss endlich souverän werden. Freiheit darf nicht in der Form von der blau-gelben BWL-Fraktion reklamiert werden, dass jede Alternative, die sogar einfacher, weil transparenter oder verständlicher ist, im Umkehrschluß scheinbar keine Freiheit mehr darstellt.

    Wirtschaft ist und muss so einfach sein, dass die 4 Grundrechenarten ausreichen. Sie muss so einfach sein, dass jeder Heranwachsende mit beginnender Volljährigkeit auch “verkehrstüchtig” ist. Ansonsten ist jede Forderung nach umfassender Vertragsfreiheit schon im Ansatz gegen die Freiheit.

    Jeder Satz vom notwendigen Expertentum zum Verständnis dieser komplexen Fragen ist nur ein Abwehrverhalten der bisherigen Nutznießer, die ihre eigene Beschäftigungssicherung verfolgen.

    Wolfgang Gosejacob

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  6. Franky sagt:

    “…gibt es heute eigentlich keine Auszubildenden mehr, die im ersten Jahr weniger als den Regelsatz von 374 Euro monatlich in der Lohntüte haben.”
    Stimmt so nicht ganz.
    Das Wörtchen “eigentlich” relativiert deine Aussage aber auch schon.

    “So bekommen Frisörlehrlinge in den neuen Ländern im ersten Lehrjahr 214 Euro. Wer sich dagegen in den alten Ländern zum Systeminformatiker ausbilden lässt, erhält im ersten Ausbildungsjahr 785 Euro.”(Welt-online)

    Mit 785 €umeln könnten sich U-25 Hartz Opfer schon eher an ein menschenwürdiges Dasein herantasten…

    Antworten
    • kopperschlaegerdotnet sagt:

      Aus genau dem Grunde habe ich “eigentlich” geschrieben, weil mir durchaus bewusst ist, dass es vereinzelt Auszubildende gibt, die tatsächlich weniger haben – aber eben auch etliche, die deutlich mehr haben. Und aus eben diesem Grunde schrieb ich auch, dass es an den Arbeitgebern ist, Ausbildungen (nicht nur finanziell) attraktiv zu gestalten.
      Dass Betriebe, bei denen sogar die Gesellen so wenig verdienen, dass sie “aufstocken müssen” – also zusätzlich “Hartz IV” beantragen müssen, obwohl sie Vollzeit arbeiten – für Auszubildende alles andere als attraktiv sind, ist wohl weniger der Faulheit der Azubis als den miesen Verhältnissen geschuldet. da die Verantwortung den Jugendlichen zuzuschieben, ist nicht nur verlogen, sondern schlichtweg pervers!

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